Etablierung der homöopathischen Mastitistherapie in einem biologisch-dynamisch wirtschaftenden Milcherzeugerbetrieb unter Berücksichtigung ökologischer, epidemiologischer und ökonomischer Gesichtspunkte

Euter-Enzündungen Mastitis Rind Homöopathie Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie Antibiotika-Reduktion

Abstract

Zusammenfassung:

"Die Mastitis des Rindes, eine der wirtschaftlich bedeutendsten Krankheiten in der Rinderhaltung, ist auch in biologisch wirtschaftenden Milchviehbetrieben weit verbreitet. Da ihre Behandlung derzeit fast ausschließlich durch die Verabreichung von Antibiotika erfolgt, werden auch hier in Ermangelung von Alternativen größere Mengen Antibiotika entgegen den eigenen Vorgaben und Richtlinien eingesetzt. Ein solches Vorgehen entspricht nicht den gesetzlichen Grundlagen der geltenden EU-Verordnung (EG Nr. 1804/99) zum ökologischen Landbau sowie den Verbrauchererwartungen und der Forderung nach möglichst minimaler Umwelt- und Lebensmittelbelastung innerhalb der Tierhaltung.

In dem Bemühen, Alternativen anzubieten, sollte in einer zweineinhalbjährigen Studie in einem biologisch-dynamisch wirtschaftenden Milchviehbetrieb in Brandenburg in einer etwa 300 Kühe umfassenden Herde mit einer gestörten Eutergesundheit geprüft werden, ob klinische Euterentzündungen des Rindes auch mit homöopathischen Arzneimitteln erfolgreich zu behandeln sind, um so auf den Einsatz von Antibiotika weitgehend verzichten zu können.

Um die Effizienz der homöopathischen Therapie beurteilen zu können, erfolgten die Mastitisbehandlungen im Rahmen einer placebo-kontrollierten Doppel-Blind-Studie. Durch die Vorgabe eines Behandlungsschemas und die Erarbeitung eines Befundrasters für die Wahl der einzusetzenden Arzneimittel sollte den in der Regel weniger erfahrenden Tierärztinnen und Tierärzten die Übernahme des zu prüfenden Behandlungskonzeptes erleichtert werden. Für die Behandlung akut verlaufender Mastitiden kamen Phytolacca, Bryonia, Echinacea und Belladonna und zusätzlich Aconitum bei fieberhaften Erkrankungen im Anfangsstadium sowie bei subakut bis chronisch verlaufenden Mastitiden Echinacea, Phytolacca und Hepar sulfuris, alle in niederen Potenzen zwischen D 6 und D 8, zum Einsatz.

Das zu Beginn der Untersuchungen zugrunde gelegte Behandlungskonzept, basierend auf einem weitgehenden Verzicht des Einsatzes von Antibiotika, musste wegen unbefriedigender Behandlungsergebnisse aufgegeben werden (erster Versuchsabschnitt). Dieses wurde ersetzt durch ein
modifiziertes Therapiekonzept, das einen zusätzlichen, jedoch begrenzten Einsatz von Antibiotka vorsah und gleichzeitig den Tierhalter zur Durchführung und Sicherung dringend erforderlicher Präventivmaßnahmen verpflichtete. Weiterhin sollten Euter mit subklinisch und chronisch verlaufenden Mastitiden zu Beginn der Trockenphase kontrolliert und selektiv mit Antibiotika trockengestellt werden (zweiter Versuchsabschnitt).

Die im zweiten Versuchsabschnitt an insgesamt 126 Tieren mit 148 klinisch erkrankten Vierteln durchgeführten und ausgewerteten Behandlungen führten in beiden Versuchsgruppen (Verum n=60 / Placebo n=66) zu weitgehend gleichgroßen Heilungs-/Selbstheilungsraten.

Die mit dem modifizierten Therapiekonzept erzielten klinischen Heilungen lagen nach Abschluss der Behandlungen bei etwa 95% und bis zur 8. Woche nach Behandlungsende noch bei 65%. Die Behandlungen von 107 Eutervierteln, die an einer klinischen Mastitis mit Nachweis euterpathogener Erreger erkrankt waren, führten bis zur 5. bzw. 8. Woche nach Behandlungsende zu bakteriologischen Heilungen von jeweils 55% und vollständigen Heilungen von 35 bzw. 40%. In der gesamten Beobachtungszeit bis 8 Wochen nach Behandlungsende wurden in der Verumgruppe bei 12 Tieren homologe und bei 6 Tieren heterologe Rezidive und in der Placebogruppe bei 12 Tieren homologe und bei 4 Tieren heterologe Rezidive registriert.

Die erzielten Behandlungsergebnisse werden unter den im Projektbetrieb zwar verbesserten, aber immer noch nicht optimalen Haltungsbedingungen als zufrieden stellend angesehen, auch wenn die Anzahl auftretender Neuinfektionen bzw. Neuerkrankungen in der Herde trotz inzwischen zahlreich durchgeführter Präventivmaßnahmen weiterhin zu hoch ist.

Im Verlauf der Studie konnte trotz des zwischenzeitlich notwendig gewordenen Wechsels des Therapiemanagements im Verbund mit den gleichzeitig durchgeführten Präventivmaßnahmen sowohl ein verminderter Einsatz von Antibiotika um 75% als auch eine sichtbare Verbesserung
der Eutergesundheit in der Herde erzielt werden.

Der verminderte Einsatz von Antibiotika führte in dem Projektbetrieb im Vergleich zur konventionellen Mastitistherapie, geschätzt für das Jahr 2003, zu einem geringeren Anfall von 36.000 kg antibiotikahaltiger Milch. Durch den teilweisen Wegfall von Wartezeiten konnte durch die Anwendung dieses Behandlungskonzeptes der Verlust an Produktionsmilch um etwa ein Drittel verringert werden. Dies bedeutete für den Projektbetrieb für das Jahr 2003 einen geschätzten Gewinn von etwa 25.000 kg Milch.

Als Zeichen einer verbesserten Eutergesundheit kann u.a. der Abfall der mittleren Zellzahl um etwa 75.000 Zellen/ml von 240.000 Zellen/ml auf 165.000 Zellen/ml sowie die Milchleistungssteigerung von etwa 250 kg auf 6.500 kg/Kuh/Jahr innerhalb der Laufzeit des Projektes gewertet
werden. Außerdem gelang es die Infektionen der Euter mit S. aureus in der Herde deutlich zu verringern.

Das hier unter Praxisbedingungen geprüfte modifizierte Therapiekonzept zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes in der Mastitistherapie kann nach den vorliegenden Ergebnissen für die Anwendung auch in anderen Betrieben empfohlen werden, allerdings unter der Voraussetzung der gleichzeitigen Gewährleistung erforderlicher Präventivmaßnahmen und einer kontinuierlichen tierärztlichen Begleitung in Form einer Bestandsbetreuung.

Die in der Placebogruppe ermittelten „Heilungsraten“ lagen unerwartet hoch. Auf Grund dieser Ergebnisse sollte geprüft werden, ob es sich hierbei tatsächlich nur um Selbstheilungen handelt oder auch noch andere Gründe, was vermutet wird, zu diesen Ergebnissen geführt haben könnten. Weiterhin sollte die derzeitige Strategie in konventionellen Mastitistherapie hinterfragt werden.

Da sich die in beiden Versuchsgruppen ermittelten Behandlungsergebnisse nur unwesentlich voneinander unterscheiden, ist ein Nachweis der Wirksamkeit der zur Behandlung klinischer Mastitiden eingesetzten Homöopathika bei Betrachtung aller Behandlungen nicht sicher zu
erbringen. Allerdings spricht ein Vergleich der beiden Behandlungsgruppen bei den vollständig geheilten Vierteln von 107 Mastitisfällen, die durch euterpathogene Erreger verursacht wurden, für einen Wirksamkeitsnachweis (p<0.05).
"

Link zur Original-Quelle: https://orgprints.org/id/eprint/6219/1/BLE_FuE_99UM032_FinalReport.pdf


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