Die Constantin Hering Stiftung für homöopathische Medizin setzt sich für die wissenschaftliche Förderung der Homöopathie und einem interdisziplinären Zusammenarbeiten von homöopathischer und konventioneller Medizin ein. Die Arbeit der Stiftung gründet sich dabei auf 7 Elemente, welche auch die Motive, Absichten und Zwecke der Stiftung verdeutlichen:
Das Ziel der Stiftung hierbei ist es, die Prinzipien der Homöopathie verständlich, in moderner Sprache und auf der Wissensbasis des 21. Jahrhunderts zu definieren, um eine Arbeitsgrundlage für die zukünftige Entwicklung zu schaffen.
Definition von Homöopathie
Homöopathie ist eine holistische Arznei-Therapie mit einer eigenständigen Methodik der individualisierten Arzneimitteldiagnostik und -verordnungslehre. Therapeutisches Ziel ist die gezielte Stimulation der physiologischen Eigen-Regulation (Reiz-Reaktions-Modell) durch kontrollierte Arzneigaben, welche dem Kranken helfen soll, die Störung aus eigener Kraft zu überwinden und eine größere Robustheit gegenüber den krankmachenden Reizen zu entwickeln.
Mehr über die Modelle der Eigenregulation
Grundverständnis von Homöopathie
Homöopathie gilt weltweit als ein wichtiger Grundpfeiler der Komplementär- und Alternativmedizin und wird im deutschen Arzneimittelrecht zu den besonderen Therapierichtungen gezählt. Die Prämissen der Homöopathie gehen auf Naturbeobachtungen und Praxisforschungen, welche der deutsche Arzt Samuel Hahnemann zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchführte, zurück. Seine Ergebnisse beschrieb er in Form einer systematischen Methodik und machte so das homöopathische Prinzip als medizinische Arzneitherapie erstmals praktizierbar. Die Prämissen bestehen aus mehreren, nicht voneinander trennbaren, Vorgaben:
- primär phänomenologische Diagnostik
- Individualisierung des Krankheitsgeschehens
- Arzneidiagnose nach dem Simile Prinzip (Ähnlichkeitsprinzip)
- Verordnung von Einzelmitteln
- Prozessanalyse des Krankheitsverlaufes mit Re-Evaluation (systematische Erweiterung durch Hering)
Diese Elemente gehören seit Begründung durch Samuel Hahnemann zum theoretischen und praktischen Grundverständnis der Homöopathie.
Wissenschaftstheorie der Homöopathie
Aus aktueller Sicht existieren für die weitere Entwicklung einer präzisen Terminologie zur Homöopathie über ihre Prämissen hinaus folgende sieben Säulen:
- Die Systemtheorie entwickelt ein wissenschaftstheoretisch sehr gutes Vokabular, welches helfen kann, die homöopathischen Paradigmen zu beschreiben – Ludwig von Bertalanffy et al
- Das Konzept der neuen Phänomenologie – Norbert Schmitz
- Erkenntnisse der Wissenschaftsmethodik zur Intersubjektivität als wissenschaftstheoretisches Kriterium der Behandler–Patienten Begegnung - viele Autoren
- Das Bio-Psycho-soziale Modell der Psychosomatik – Jakob und Thure von Uexküll u.a.
- Die Erkenntnisse der Gestalttheorie – mehrere Autoren
- Die Cognitive based Medicine als Grundlage der Einzelfallforschung – Helmut Kiene
- Eine differenzierte Ethik in der Medizin - viele Autoren
Für das umfassende Konzept der Praxis zur Wissenschaftstheorie in der homöopathischen Medizin sind zusätzlich vier Eckpfeiler der Epistemologie unersetzlich:
- Klinische Phänomenologie – Bedeutung der Symptome für die Diagnose
- Dialektik in Diagnostik & Re-Evaluation – klinische Algorithmen und Entscheidungsprozesse
- Hermeneutik in der Krankheitstheorie – Verständnis für das Krankwerden und -sein
- Empirie und Analytik – die Sicherheit der externen Evidenz
Hinzu kommt übergreifend noch die Analyse aller Erkenntnisse der Placebo-Forschung und ihre Bedeutung für die Behandlung von erkrankten Menschen.
In ihrer inzwischen 225-jährigen Entwicklungsgeschichte (Stand 2021) sind die Homöopathie und ihre Paradigmen, im Lichte des medizinischen Fortschritts, seit jeher heftiger und in Teilen auch sehr unsachlicher Kritik ausgesetzt gewesen. Neben der Notwendigkeit einer fundierten und selbstkritischen Standortbestimmung kommt auch der natürliche Entwicklungsbedarf hinzu, eine schon bewährte Methode im Sinne des Erkenntnisfortschrittes stetig weiterzuentwickeln. Genau dies bedarf jedoch einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit der Kritik an der Homöopathie.
Die konkreten Kritikpunkte
Die Kritik gründet sich historisch auf der Ablehnung des Simile-Prinzips, der ganzheitlichen Herangehensweise und dem fehlenden stofflichen Nachweis von Wirksubstanzen in potenzierten Arzneien. Sind die beiden ersten Argumente heutzutage „aufgeweicht“ (und letzten Endes nicht haltbar), wird der dritte Punkt als alles entscheidende Argument „wo nichts drin ist, kann nichts wirken“ aktuell umso heftiger angeführt. Historisch kann die Entwicklung der Homöopathie über die Jahrhunderte als sich zyklisch wiederholende Wellen aus Blütephasen und Niedergang beschrieben werden, die im Zeitalter des Internets neue Dimensionen erreicht haben.
Mehr über die historische Entwicklung der Homöopathie
Berechtigte Kritik und Hintergründe
Eine berechtigte Kritik ist, dass die Homöopathie als Verfahren kein geschützter Begriff ist und damit, historisch gewachsen, alles andere als eine eindeutig definierte Methode darstellt. Dementsprechend herrscht unter den Befürwortern eine der Sache oft nicht förderliche Verwirrung mit zum Teil abstrusen theoretischen Modellen, die mit den Prinzipien der Homöopathie an sich oft nicht mehr viel zu tun haben. Die Lösung für dieses Problem liegt in einer fundierten, sachlichen und selbstkritischen Standortbestimmung.
Die positive Entwicklung trotz aller Kritik
Für die Homöopathie spricht ihr großes therapeutisches Potential, welches sich, ungeachtet aller Kritik der Gegner und Meinungsverschiedenheiten unter den Befürwortern, in der Praxis am Patienten immer wieder zeigt und sich bei sehr vielen Erkrankungen im Laufe der Zeit als real erlebbare Hilfe bewährt hat. Dies wurde und wird von Millionen Patienten wahrgenommen und weltweit geschätzt und ist ein wesentlicher Grund dafür, weshalb trotz allen „Gegenwindes“ die Homöopathie weiter bestand und besteht.
Ethisch gliedert sich die Homöopathie in ein ökologisches Grundkonzept ein, welches Mensch, Tier und Pflanzen in den Beziehungen innerhalb ihrer Umwelt wahrnimmt und in der jeweils angemessenen Komplexität zueinander analysieren und verstehen will. In der Praxis folgt jeder homöopathisch arbeitendePraktiker, ob Arzt, Heilpraktiker, Hebamme oder Pharmazeut, dem hippokratischen Leitsatz primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare.
Wissenschaft und Praxis - diese beiden Begriffe sind kein Gegensatz. Vielmehr geht es um eine wissenschaftliche Haltung, die offen für begründete Kritik ist, die eigene Argumentation als stets vorläufig und nicht für absolut und endgültig überprüft anzusehen. Nur auf diese Weise können derzeit gültige Arbeitshypothesen verstanden und beständig anhand fortschreitender Erkenntnisse weiterentwickelt werden. Daher sind Fehler und ihre Korrekturen wichtige Merkmale einer Systematik, um sich und die Arbeit als Ganzes beständig weiter zu verbessern.
Mehr über die wissenschaftliche Arbeitsweise
Wissenschaftliche Forschung und Homöopathie
Das moderne Verständnis der Homöopathie schließt neben den Erkenntnissen aus zahlreichen speziellen Bereichen der Grundlagenwissenschaften, insbesondere der Physik, auch die Werkzeuge der Geisteswissenschaften, und damit alle Aspekte der Epistemologie, mit ein. Die Breite dieses Ansatzes erfordert eine faire Auseinandersetzung der verschiedenen Theorien und Hypothesen im Wissenschaftspluralismus. Mit anderen Worten: Das Grundrecht auf freie Forschung und Lehre zum Wohle der Entwicklung einer kostenreduzierenden, interdisziplinären Medizin für Mensch und Tier ohne Einmischung des Staates. Nur auf diese Weise können diejenigen Forschungsansätze und Untersuchungsmethoden (weiter-)entwickelt werden, die für das Verständnis und zur Entwicklung der Homöopathie am besten geeignet sind.
Seit rund 200 Jahren genießt die Homöopathie unter Patienten weltweit ein hohes Ansehen als eines der wesentlichen, komplementärmedizinischen Behandlungsverfahren. Ihr Selbstverständnis ist menschen- und tierfreundlich, nebenwirkungsarm und kann umweltschonend wirken, wenn sie fachlich richtig und kompetent, mit einer wissenschaftlichen Arbeitsweise, praktiziert wird.
Mehr über das Menschenbild in der Therapie
Dabei handelt es sich um eine ganzheitlich ausgerichtete Arzneitherapie mit einer eigenständigen Methodik und Verordnungslehre. Diese versteht sich als eine minimal-invasive Intervention, auf der Basis einer patientenorientierten Individualisierung des Krankheitsgeschehens. Dafür ist ein breites Wissen in theoretischer und praktischer Medizin ebenso notwendig, wie ein fundiertes Wissen um die homöopathischen Prinzipien, ein Knowhow der praktischen Methodik und tiefe Kenntnisse der homöopathischen Arzneimittellehre.
Mehr über Prämissen und Selbstverständnis der Homöopathie und über die homöopathische Methodik
Perspektivisch soll die Homöopathie, als individualisierende Arzneitherapie, noch mehr als bisher in einem interdisziplinären Miteinander mit der konventionellen Medizin zum Wohle der Patient*innen ausgebaut und angewendet werden, um Leid zu lindern, wo immer es geht, ohne zu schaden.
Zusammengefasst ist die Stiftung daher diesen übergeordneten Zielen vorrangig verpflichtet:
- Dem hippokratischen Leitsatz: primum non nocere, secundum cavere, tertium sanare
- Einer wissenschaftlich offenen Haltung
- Einer kritischen Analyse des aktuellen Wissensstandes
- Sachliche und fundierte Informationen zur Methodik und einschließlich ihrer Kritik
- Der Darstellung umfangreichen therapeutischen Know-Hows zur gewissenhaften Praxis
Der Zweck der Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung, die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege sowie die Förderung der Bildung, jeweils auf dem Gebiet der Komplementärmedizin. Dies geschieht beispielsweise durch die Evaluierung geeigneter Ethikkonzepte für förderungsfähige Projekte oder durch die Entwicklung von Kompetenzprofilen[1] für Praxisstandards.
Eine Interdisziplinäre Zusammenarbeit von homöopathischer und konventioneller Medizin kann nur dann gefördert werden, wenn die wissenschaftlichen Grundlagen der Homöopathie auf der Wissensbasis des 21. Jahrhunderts definiert sind, eine fundierte, sachliche und selbstkritische Standortbestimmung ausgearbeitet wurde und diese wissenschaftliche Arbeitsweise auch in der Praxis Anwendung findet. Somit hat es sich die Constantin Hering Stiftung zum Ziel gemacht, das Wissen über komplementäre Ansätze zu mehren und, im Lichte der sieben Säulen, die Wissenschaft und Forschung der Homöopathie zu unterstützen und kritisch, in diesem Geiste, voranzutreiben.
[1] Ein Kompetenzprofil beschreibt die fachlichen Fähigkeiten in ihrem Kontext, welche zur Ausübung einer Tätigkeit vorhanden sind (sein sollten).