Collage aus Bildern von C. Hering in seinem Arbeitszimmer, Hering lesend, der Buschmeisterschlange vor Palmen, Constantin Hering als älterer Herr und 3 Buchrücken seiner Materia Medica (Guiding Symptoms)

Constantin Hering als Leitbild der Stiftung

„Hahnemann, der meinen Finger rettete, gab ich meine ganze Hand und der Verbreitung seiner Lehre nicht nur meine Hand, sondern mich ganz und gar mit Leib und Seele.“

Constantin Hering (nach Raue, 1880; Übers. Schüppel 1996)

Die Stiftung trägt den Namen des deutschen Arztes Constantin Hering, welcher Mitte des 19. Jahrhunderts die Entwicklung des wissenschaftlichen Denkens in der Homöopathie entscheidend förderte und als Gründungsvater der nordamerikanischen Homöopathie gilt.

Vom „Saulus zum Paulus“ – Das Vorbild für die Constantin Hering Stiftung

Als beeindruckend kritischer Geist bekam Hering von seinem Uni-Professor, noch während seines Studiums, den Auftrag, ein Buch über die „Irrlehre der Homöopathie“ zu verfassen, um diese „lächerlich zu machen und aus dem Lande zu vertreiben“. Die nähere Beschäftigung und kritische Auseinandersetzung mit der Thematik faszinierten ihn jedoch. Eine persönliche Erfahrung der Heilreaktion, bei einer damals amputationswürdigen Wundinfektion seines Fingers, überzeugte ihn schließlich. Er entschloss sich mit ganzem Herzen die Homöopathie zu erforschen, zu praktizieren und zu lehren. An der so gewonnenen Überzeugung konnten auch alle Steine, die ihm darauffolgend in den Weg gelegt wurden, vom Verlust seiner Reputation und seines Stipendiums bis hin zur Erschwerung der Abschlussprüfung, nichts ändern. Er bestand trotz aller Hürden sein Medizinstudium und widmete sein Leben der Homöopathie. Diese kritische und dennoch überzeugte Haltung für die Homöopathie, sowie seine unermüdliche systematische Forschung lassen ihn zum identitätsstiftenden Leitbild der Constantin Hering Stiftung für homöopathische Medizin werden.

Die herausragenden Leistungen von Constantin Hering

Constantin Hering erweiterte die systematische Arzneimittelforschung der Homöopathie mittels 104 selbst durchgeführter Arzneimittelstudien. Durch diese Zusammenstellung und Auswertung von Heilungsberichten, verifizierte er die Wirkung homöopathischer Arzneimittel detailliert und publizierte diese Erkenntnisse. Die Analyse von Krankheitsverläufen unter homöopathischer Medikation führte außerdem zur Weiterentwicklung neuer Behandlungs- und Verlaufsparameter. Seine Arbeit führte darüber hinaus zur Begründung der Aus- und Weiterbildung mit modernen Lehrmethoden für die Homöopathie in Nordamerika.

Biographie von Constantin Hering lesen

Über Constantin Hering als Person - Die Leitwerte der Stiftung

Der Mensch und Charakter hinter den Leistungen

Als Lehrer und Vorbild für mehrere Generationen, formte und beeinflusste Constantin Hering wie kaum ein anderer die Entwicklung der Homöopathie weltweit. Dies kann in der Literatur durch seine epochalen Publikationen nachvollzogen werden. Dem Charakter und Menschen, somit den Werten, die auch uns als Stiftung wichtig und wertvoll sind, kann man sich durch Äußerungen seiner Kollegen nähern:

Portrait Henry Newell Guernsey (1817-1885)

Guernsey, H. N. (1817-1885)

über seine erste Begegnung mit Constantin Hering 1842

„Bei unserem ersten Gespräch entdeckte ich jedoch meinen Irrtum; denn er erwies sich als so belebend, so freundlich und so mitteilsam, dass wir uns sofort verbrüderten. Ich bin stolz zu sagen, dass unsere brüderliche Beziehung bestand bis zu unserem letzten Treffen 1880, wenige Stunden vor seinem Hinscheiden. (...) Sein tätiger und forschender Geist trieb ihn zur beständigen Suche und Sammlung aller Fakten, besonders neuer. (...) Aber für ihn musste, war er auf der Suche nach Erkenntnis, alles andere zurückstehen; Zeit, Geld, Kraft, Schlaf, sie alle wurden geopfert für die Wissenschaft und für die Homöopathie. ‘Alles und jedes für unsere Sache’, hörte man ihn oft sagen.“ [8]

Portrait Calvin B. Knerr (1847-1940)

Knerr, C. B. (1847-1940)

Constantin Herings Schüler und späterer Schwiegersohn

„Ich suchte Schritt zu halten mit dem Mann von einer eisernen Konstitution, der nie müde zu sein schien und nie Erholung zu brauchte; meine Gesundheit brach zusammen, und ein Ferien- und Reisejahr wurde beschlossen.“ [8]

Was Hering, wie durch diese Aussagen deutlich wird, auszeichnete und ihn dem Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, ebenbürtig werden ließ, war sein unabhängiger und kritischer Geist mit schier endlosem Antrieb. Diese Fähigkeiten und Werte lagen auch seiner wissenschaftlichen Haltung zugrunde und sind daher auch Leitwerte für die Constantin Hering Stiftung und ihre Forschungstätigkeit

Die wissenschaftliche Haltung von Constantin Hering

Seine eigene Grundhaltung fasst Constantin Hering im Vorwort seines Hauptwerkes, The Guiding Symptoms of Materia Medica (dt.: Die Leitsymptome unserer Materia Medica), so zusammen:

„In meinem ganzen Leben galt es für mich immer die Regel, zu keiner Zeit etwas mit Gewissheit anzunehmen, außer es kam in seinem Bereich einer mathematischen Genauigkeitsprüfung möglichst nahe, …. Und auf der anderen Seite nie etwas als unrichtig zurückzuweisen, außer eine vorurteilsfreie Prüfung bestätigte dessen Unwahrheit.“ [4] (Übers. d. Verf.)

Portrait Adolf zur Lippe (1812-1888)

Sein Kollege Adolph Lippe (1812-1888) bestätigt

„Er verwarf nie a priori offenbar fortgeschrittene Ideen, bis er geduldig ihren Anspruch auf Überlegenheit über die bewiesenen Prinzipien und Regeln der frühen Hahnemann’schen Schüler untersucht hatte…. ergab aber weder Argument noch Tests einen überzeugenden Beweis für die Richtigkeit solcher Neuerungen, wurde seine mächtige Feder in Aktion gesetzt.“ [9]

Guernsey, H. N.

beschrieb Constantin Hering im Umgang mit Patienten wie folgt

„Als Beobachter kam niemand ihm gleich. Wenn er das Krankenzimmer betrat, erfasste sein nichts auslassender Blick sofort die Lage der Dinge, und sein Geist hatte oft schon über den rechten einzuschlagenden Weg entschieden, bevor er noch eine Frage gestellt hatte; seine Erkundigungen dienten dann oft mehr der Bestätigung und dazu, den Fall aktenkundig zu machen, als Fakten für die Entscheidung hervorzurufen. Die Intuition war ein mächtiges Element seines Geistes, und sie wurde in hohem Grad durch die Wahrhaftigkeit seines Charakters und seiner guten Gedanken und Gefühle gegenüber jedem, den er kannte, gehegt.“ [9]

Seine Vorgehensweise und Art der Forschung wurden von seinen Assistenten akribisch festgehalten. So kann man noch heute genauestens nachverfolgen, wie der Praxisalltag für Constantin Hering verlief [7] und welche Erfolge in der Patientenbehandlung erzielt wurden [1, 9].

Cover Homoeopathischer Hausarzt
Der Praxisalltag von Constantin Hering Ein Praxisbeispiel

Wie wichtig ist die Medizin für die Homöopathie – aus Sicht von Constantin Hering

In dem über Generationen benutzten Handbuch für Laien, mit dem Titel Homöopathischer Hausarzt, findet sich im Vorwort, von R. Haehl über die Arbeitsweise von Constantin Hering geschrieben, folgende Auffassung:

„… Selbstverständlich kann und will das Buch den homöopathischen Arzt nicht ersetzen, denn eine bloße Kenntnis der homöopathischen Arzneimittel, die bei gewissen Krankheitsfällen in Betracht kommen, genügt keineswegs, um aus einem Laien einen homöopathischen Arzt zu machen. So wenig jemand, der weder mit Schifffahrtsgesetzen noch mit der Seemanskunst vertraut ist, ein Schiff mit gehöriger Sicherheit in den Hafen leiten kann, ebenso wenig wird der, dem die notwendigen Kenntnisse über Bau und Verrichtungen des menschlichen Körpers, über Krankheitslehre und Chirurgie, über Arzneimittellehre, Chemie und Botanik abgehen, eine ernste Krankheit mit der notwendigen Umsicht und Geschicklichkeit behandeln können. Hahnemann, der Begründer der Homöopathie, war einer der tüchtigsten und gelehrtesten Ärzte seiner Zeit; wer ein tüchtiger Nachfolger dieses Mannes sein will, muss in allen Fächern der medizinischen Wissenschaft von Grund aus bewandert sein. …“ [5]

Diese Worte beschreiben, ohne weiteren Zusatz, die medizinische Basis der Homöopathie und somit auch die wichtigste gemeinsame Grundlage der Zusammenarbeit von konventioneller und homöopathischer Medizin.

Mehr über das Leben Constantin Herings erfahren (EN) [1]

Constantin Herings wichtigste Publikationen

  • 1835 The Homoeopathist or Domestic Physician (1837 in dt.: Der homöopathische Hausarzt)
  • 1873 Materia Medica with a pathological Index
  • 1873 Treatment of typhoid fevers
  • 1875 Analytical Repertory of the symptoms of the mind
  • 1877 Condensed Materia Medica (dt. Kurzgefasste Arzneimittellehre in zwei Bänden)
  • 1879 The Guiding Symptoms of our Materia Medica Bd 1-2 Bd 3-10 Fertigstellung 1891 posthum durch Raue, Mohr und Knerr
  • 1988 Herings Medizinische Schriften, Hrsg. KH Gypser Burgdorfverlag BdI-III, eine Zusammenstellung aller Zeitschriftenveröffentlichungen
  • 1892 Vergleichende Arzneiwirkungslehre Gross/Hering

Calvin B. Knerrs Publikationen

  • 1896 A Repertory of Hering’s Guiding Symptoms of our Materia Medica
  • 1940 Life of Hering

Quellen:

[1] Eastman, A.M. (1917). Life and Reminiscences of Dr. Constantine Hering. Rede vor dem Minnesota Homeopathic Institute, 9. Mai 1917, in St. Paul, auch vor der Internationalen Hahnemannschen Vereinigung. 25. Juni 1917 in Chicago - aus The Hahnemannian Monthly - January to December 1917 - Volume 2. LaBarre Printing Co..

[2] Gowers, W.R. (1981). A manual of diseases of the nervous system. P. Blakinston Son &Co.. (Erstausgabe erschienen 1888).

[3] Hahnmann, S. (2003). ‎ Organon der Heilkunst. Barthel & Barthel Verlag. (Nachdruck der 6. Auflage nach der handschriftlichen Neubearbeitung Hahnemanns erschienen 1921)

[4] Hering, C. (1879). The Guiding Symptoms of our Materia Medica. (Bd. 1-2, Bd 3-10 Fertigstellung 1891 posthum durch C. G. Raue, C. B. Knerr und C. Mohr). American Homoeopathic Publishing Society, J.M. Stoddart & Co.

[5] Hering, C., Haehl, R. (1998). Homöopathischer Hausarzt - Klassische Werke der Homöopathie Bd. 9. G.H.G. Jahr Verlag.

[6] Knerr, C.B. (1884). The Literary Life of Constantine Hering: Constantine Hering and Calvin B. (aus Constantine Hering and Calvin B. Knerr family papers, 1820-2003, bulk 1820-1940). Drexel University College of Medicine, Legacy Center: Archives and Special Collections on Women in Medicine and Homeopathy. http://hdl.library.upenn.edu/1017/d/pacscl/DUCOM_HU100.

[7] Knerr, C.B. (1940). The Life of Hering (aus Constantine Hering and Calvin B. Knerr family papers: typescript (incomplete), notes, correspondence, newspaper clippings, and ephemera , circa 1932, 1940, undated). Drexel University College of Medicine, Legacy Center: Archives and Special Collections on Women in Medicine and Homeopathy. http://hdl.library.upenn.edu/1017/d/pacscl/DUCOM_HU100.

[8] Krannich, E. (2005). Die milde Macht ist groß. Dr. Egon Krannich Verlag, Kunst und Verlagsbuchbinderei Leipzig.

[9] Methner, R.: Constantin Hering - Die Milde Macht ist groß. Homöopathie Konkret 2/2018. Roland Methner. Abgerufen am 5.12.2024 von https://rolandmethner.com/wp-content/uploads/2024/10/12-Hering-und-eine-gute-MM.pdf

[10] Rosé, R. & Vint, P. (2004). Biografie Constantin Hering (1.1.1800 - 23.7.1880). Hahnemann Institut.

[11] Raue, C.G., Knerr C.B., Mohr C. (1880). A memorial of Constantine Hering : born January 1st, 1800 ; died July 23d, 1880. Press of Globe Printing House, Philadelphia.

[12] Schüppel, R. (1996): Constantin Hering (1800-1880): Ein Akademiker gründet Institutionen. In: Homöopathie. Hrsg. von Martin Dinges. Heidelberg, Haug.

[13] Winston, J. (1999). The Faces of Homoeopathy. Great Auk Publishing.