Fiebermanagement bei Kindern

Zentrale Inhalte und Handlungsempfehlungen der aktuellen AWMF-Leitlinie 027-074 auf einen Blick

Einleitung

Fieber ist eines der häufigsten Phänomene bei Kindern, mit denen Ärzte und Heilpraktiker konfrontiert sind, wobei selten eine schwere Erkrankung dahintersteckt. Angesichts der oft großen Sorgen bei Eltern (v. a. beim ersten Kind) erfordert die Beratung der Eltern, die Untersuchung des Kindes und die Differenzialdiagnostik viel Feingefühl, diagnostische Kompetenz und das Wissen um die sogenannten „red Flags“ für das Erkennen eines „Abwendbar gefährlichen Verlaufs (AGV)“.

Eine wichtige Hilfestellung bietet nun die erste Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zum Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen (siehe hier: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-074).

Die Empfehlungen sind erfreulicherweise eine Abkehr von der in der Medizin lange tradierten raschen Fiebersenkung und lehren einen entspannten Umgang mit diesem Zeichen, welches in den meisten Fällen eine natürliche Reaktion des Organismus ist. Der Leitlinien-Beauftragte der Deutschen Gesellschaft für Kinder und Jugendliche DGKJ sagt dazu:

Die neue Leitlinie betont ein grundlegend verändertes Verständnis von Fieber: Es wird nicht als vorrangig behandlungsbedürftiges Symptom betrachtet, sondern als physiologische und in der Regel hilfreiche Abwehrreaktion des Körpers.“ (Prof. Dr. Tim Niehues, Pressemitteilung Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. 2025)

Im Folgenden wird eine detaillierte Übersicht der zentralen Inhalte der neuen Leitlinie zum Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt.

Die wichtigsten 10 Inhalte der neuen Leitlinie

  1. Hinweise auf altersabhängig unterschiedliche Messmethoden für eine verlässliche Temperaturmessung.
  2. Fieber soll immer im Zusammenhang mit dem klinischen Zustand des Kindes beurteilt werden.
  3. Wichtig zur Risikoabschätzung von Fieber ist die Beachtung von klinischen Warnzeichen.
  4. Es gibt keinen Schwellenwert der Temperatur als Indikation für die Antipyrese.
  5. Primär wichtig sind nicht-medikamentöse Maßnahmen, wie etwa genügend Flüssigkeit, ruhige Umgebung, ungestörter Schlaf, liebevolle Zuwendung.
  6. Bei der medikamentösen Antipyrese ist Ibuprofen die erste Wahl.
  7. Es gibt keine Evidenz für die Prävention von Fieberkrämpfen durch medikamentöse Fiebersenkung.
  8. Das Hauptaugenmerk der Maßnahmen sollte auf dem Wohlbefinden des Kindes liegen.
  9. Die Eltern sollten auf eine ausreichend lange Erholungszeit des Kindes (Rekonvaleszenz) achten.
  10. Fieber an sich ist keine Indikation für Antibiotika.

Die folgenden Abschnitte erläutern diese Aspekte im Detail.

1) Temperaturmessung

Es gibt mittlerweile eine Vielzahl an verschiedenen Messmethoden der Körpertemperatur. Neben den invasiven Methoden, die lediglich im intensivmedizinischen Bereich zur Anwendung kommen (z.B. über einen zentralen Venenkatheter oder Blasenkatheter), sind diverse nicht-invasive Methoden in Gebrauch. Gegenüber dem vor Jahrzehnten gängigen analogen Quecksilber-Thermometer sind seit Jahren digitale Thermometer Standard. Diese gibt es für die unterschiedlichen Messorte (rektal, oral, axillär, Gehörgang, Stirn).

Als Goldstandard und als Referenzmethode gilt weiterhin die rektale Messung. Hier gibt die Leitlinie konkrete Hinweise und Empfehlungen, die sich u.a. auf eine große Meta-Analyse von Pecoraro et al. beziehen (Pecoraro et al., 2021).

  • Bei Neugeborenen und Säuglingen soll die Temperaturmessung rektal erfolgen. (Anmerkung: Bei vorliegendem Fieber liegt die Temperatur bei Gehörgangsmessung lediglich nur ca. 0,5°C unter der rektalen Messung. Der Evidenzgrad der Empfehlung ist niedrig.)
  • Bei Kindern ab einem Jahr gilt die Messung mit einem Infrarot-Trommelfellthermometer als ausreichend genau.
  • Die Messung mit einem Stirn-/Schläfen-Thermometer ist ungenau, kann aber erwogen werden.
  • Die intraorale Messung unter der Zunge ist störanfällig durch einen nicht akkuraten Mundschluss und soll – wenn überhaupt – nur bei Jugendlichen durchgeführt werden.

Die axilläre Messung wird in keinem Lebensalter empfohlen.

Tab. 1 - Empfehlungen zu den Arten der Temperaturmessung

Ort der Temperatur-Messung

Thermometer

Altersgruppe

Einschränkung

Rektal

Digital-Thermometer

Alle

Partielle Entkleidung notwendig

Oral

Digital-Thermometer

Jugendliche

Mundschluss ist essenziell

Axillär

Nicht empfohlen

Gehörgang

Infrarot-Thermometer

ab 1 Jahr

Pathologische Trommelfell-Prozesse

Stirn

Infrarot-Thermometer

Kinder, Jugendliche

Geringe Mess-Validität

2) Klinische Zustands-Beurteilung

Die Leitlinie betont, dass Fieber zunächst als Symptom und nicht als Krankheit angesehen werden soll. Hierauf sollte auch die Aufklärung der Eltern ausgerichtet sein. Die Höhe des Fiebers korreliert zudem nicht unbedingt mit der Gefährlichkeit einer zugrundeliegenden Krankheit und hat deshalb einen niedrigen prädiktiven Vorhersagewert.

Bei der Frage nach einer Konsequenz der Temperaturmessung (weitere Diagnostik, Antipyrese) ist insbesondere der Allgemeinzustand des Kindes in Abhängigkeit des Alters in Augenschein zu nehmen. Ein Kind mit hohem Fieber > 40°C kann bei annehmbar gutem Allgemeinzustand weiter beobachtet werden, wohingegen ein schwer krank wirkendes Kind schon bei 38°C ärztlich vorgestellt werden sollte; dort sollten dann entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.

Für die Risikoeinschätzung werden zudem Kriterien und Algorithmen dargestellt.

3) Risikoeinschätzung und Klinische Warnzeichen

Klinische Warnzeichen

Der Expertenkonsens, der nicht durch eine wissenschaftliche externe Evidenz gestützt wird, lautet:

„Wenn bei einem Kind nach korrekt durchgeführter Messung Fieber festgestellt wurde, sollte dieses immer im Zusammenhang mit dem Allgemeinzustand, Wohlbefinden, den Warnzeichen sowie der Unsicherheit und Sorge der Bezugspersonen interpretiert werden.

Warnzeichen sind insbesondere Bewusstseinsstörungen, Berührungsempfindlichkeit, starke Schmerzen, schrilles Schreien, Hauteinblutungen (nicht-wegdrückbarer Hautausschlag), Austrocknung, sehr schnelles Atmen, Rekapillarisierungszeit > 3 s, sehr blasse, graue oder blaue Haut, ein schwerkrankes Kind oder Fieberdauer länger als 3 Tage.“ (DGKJ, 2025, S. 22)

Wichtige Warnzeichen, die auf eine ernste Erkrankung hinweisen können:

  • Bewusstseinsstörung
  • Berührungsempfindlichkeit
  • Starke Schmerzen
  • Schrilles Schreien
  • Hauteinblutungen
  • Exsikkose
  • Erschwerte schnelle Atmung
  • Blass-graues Hautkolorit mit verlängerter Rekapillarisierungszeit
  • Schwerkrankes Kind
  • Fieber länger als 3 Tage

Hilfsmittel zur Risikoeinschätzung

Es werden verschiedene Hilfsmittel zur Risikoeinschätzung für eine schwere Erkrankung vorgestellt. Zwei dieser Hilfsmittel sollen hier exemplarisch zitiert werden:

Ampelsystem
Tab. 2 - Ampelsystem zur Risikoeinschätzung für eine schwere Erkrankung beim fiebernden Kind (DGKJ, 2025, S. 23 f.)

Risikoeinschätzung für eine schwere Erkrankung bei fiebernden Kindern und Jugendlichen

Ärztliche Begutachtung ist bei Grün nicht erforderlich, bei Gelb geboten, und bei Rot dringend

Risiko für schwere Erkrankung

Grün – Geringes Risiko :)

Gelb – Mittleres Risiko :|

Rot – Hohes Risiko :(

Allgemeinzustand

kaum beeinträchtigt

reduziert

stark reduziert

Farbe von Haut, Bindehaut, Lippen, Zunge

normale Farbe

blass/marmoriert

sehr blass/grau/unregelmäßig verfärbt/glänzend/blau

Aktivität

• lächelt und kommuniziert

• spielt

• wach oder weckbar

• weint normal

reduziert

• reagiert nicht oder nicht normal auf Ansprache

• wirkt schwer krank

• wacht nicht auf oder bleibt nicht wach, wenn geweckt

• weint auffällig schwach, schrill oder ohne Unterbrechung

Atmung

• Nasenflügel bewegen sich deutlich beim Atmen („Nasenflügeln“)

• schnelle Atmung:

bis 1 Jahr > 40 Atemzüge/Minute

1-5 Jahre > 30 Atemzüge/Minute

6-18 Jahre > 20 Atemzüge/Minute

• Rasselgeräusche beim Atmen

• Sauerstoffsättigung ≤ 95 % bei Raumluft

• stöhnt beim Atmen

• atmet schneller als einmal pro Sekunde (> 60 Atemzüge/Minute)

• zieht die Brust beim Atmen stark ein

• Sauerstoffsättigung ≤ 90 % bei Raumluft

Kreislauf

• Haut und Augen erscheinen normal

• Schleimhäute feucht

• schneller Herzschlag:

bis 1 Jahr > 160 Schläge/Minute 1-5 Jahre > 140 Schläge/Minute 6-12 Jahre > 120 Schläge/Minute 13-18 Jahre > 100 Schläge/Minute

• Schleimhäute (Innenseite der Lippen) wirken trocken

• Säuglinge lassen sich nicht stillen/füttern

• uriniert wenig oder gar nicht (trockene Windeln)

• Rekapillarisierungszeit ≥ 3 Sek. (die Haut in Brustmitte bleibt mehr als 3 Sekunden weiß, nachdem mit dem Finger darauf gedrückt wurde

• sehr trockene Lippen und Mund, keine Tränen beim Weinen

• eingesunkene Augen

• lange kein Wasserlassen

• schlaffe Haut (eine bspw. am Handrücken erzeugte Hautfalte bleibt nach dem Loslassen stehen, verminderter Hautturgor)

Sonstige Auffälligkeiten

Keine gelben oder roten Anzeichen

• Fieber seit mehr als 3 Tagen

• ein Arm/Bein oder ein Gelenk ist geschwollen

• kann einen Arm/ein Bein nicht belasten oder schont es

• Schmerzen beim Wasserlassen

• starke Bauchschmerzen

• Herzbeschwerden

• Klopfschmerzen über den Nieren

• Alter unter 3 Monaten und Körperkerntemperatur ≥ 38 °C oder unter 36,5 °C

• nicht-wegdrückbarer Ausschlag

• die Fontanelle ist auch im Sitzen vorgewölbt und pulsierend

• kann den Kopf nicht nach vorne beugen

• Krampfanfall

• fokale neurologische Zeichen (Bestimmte Bewegungen oder Sinne funktionieren nicht mehr)

Das pädiatrische Dreieck

Das Pädiatrische Dreieck (engl. Pediatric Assessment Triangle, PAT) dient bei der Ersteinschätzung fiebernder Kinder und Jugendlicher der raschen Beurteilung des Allgemeinzustands und der Erkennung potenziell bedrohlicher Verschlechterungen. Eine formale Validierung liegt bislang nicht vor. (DGKJ, 2025, S. 92)

Das Pädiatrische Dreieck (Pediatric Assessment Triangle, PAT) bewertet Aussehen, Atmung und Zirkulation zur raschen Ersteinschätzung des Allgemeinzustands bei fiebernden Kindern und Jugendlichen.
Abb. 1 - Pädiatrisches Dreieck – adaptiert nach Dieckmann et al. (2010) (DGKJ, 2025, S. 92)

Spezifische Risikofaktoren

Neben den im vorigen Abschnitt dargestellten allgemeingültigen Beurteilungsinstrumenten wird auf spezifische Risikofaktoren hingewiesen, bei deren Vorliegen das Auftreten von Fieber stets als Warnsignal zu werten ist.

  • Frühgeburtlichkeit
  • Angeborene Herzfehler
  • Immunschwäche (z.B. Immundefekte, Leukämie etc.)

Alter als Risikofaktor?

Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern die Fieberhöhe in Abhängigkeit vom Alter ein Entscheidungskriterium für eine invasive bakterielle Infektion (Serious Bacterial Infection - SBI) ist.

Es werden mit Bezug auf die Arbeit von Michelson et al. folgende statistische Zusammenhänge genannt, die dann zu dem weiter unten angeführten Expertenkonsens geführt haben: Kinder mit einer Körpertemperatur >39°C haben eine höhere Wahrscheinlichkeit einer invasiven bakteriellen Infektion (Michelson et al., 2021).

  • Bei 30,4% der Infektionen liegt jedoch die Temperatur unter 38,5°C.
  • Säuglinge können bei einer invasiven bakteriellen Infektion fieberfrei sein.
  • Bei Säuglingen unter 3 Monaten ist der Vorhersagewert der Fieberhöhe auf eine schwere Infektion höher.

Der Expertenkonsens (EK) zum Thema “Alter und Fieberhöhe” ist folgender:

Tab. 3 - Konsensbasierte Empfehlung: Alter und Fieberhöhe (DGKJ, 2025, S. 27, Tab. 3.3.1.1 EK)

Konsensbasierte Empfehlung (Stand 2024)

EK

Kinder unter 3 Monaten mit einer (rektalen) Temperatur von ≥ 38 °C sollen ärztlich sorgfältig hinsichtlich einer schweren bakteriellen Infektion untersucht werden. Fieber kann in dieser Altersgruppe oft fehlen, obwohl eine schwere bakterielle Infektion besteht. Entscheidend ist immer der klinische Befund.

Diese Empfehlung ist konsensbasiert, gestützt durch nur teilweise passende Literatur, sowie Expertenerfahrungen. Evidenz für: Odds Ratio für SBI ab 38 °C

Literatur: Rosenfeld-Yehoshua et al., 2018, PMID: 29387980

sehr niedrig ⊕⊝⊝⊝

Konsensstärke: 100 % (starker) Konsens

4) Kein Schwellenwert für die Antipyrese

Neben den bereits aufgezeigten geringen Korrelationen zwischen Fieberhöhe und schwerer Erkrankung stellt die Leitlinie unter Bezugnahme auf eine Metaanalyse von Green et al. fest, dass es keinen allgemein gültigen Schwellenwert gibt, ab dem die Temperatur gesenkt werden soll (Green et al., 2021).

5) Nicht-medikamentöse Antipyrese

Hinsichtlich des nicht-medikamentösen Umgangs mit dem fiebernden Kind werden folgende Verhaltensweisen und Maßnahmen genannt:

  • Wichtig für das fiebernde Kind sind eine beruhigende Umgebung und die liebevolle Fürsorge.
  • Die Eltern sollen über die positiven Effekte des Fiebers auf das Immunsystem aufgeklärt werden.
  • Ungestörter Schlaf ist ein wichtiger unterstützender Faktor für die Genesung.
  • Dem Kind soll ausreichend Flüssigkeit angeboten werden, bevorzugt warme Getränke, um keinen zusätzlichen Energieaufwand zur Anwärmung zu induzieren.
  • Eine externe Kühlung wie Kälteauflagen sind obsolet, weil sie durch den erhöhten Energieaufwand den Organismus zusätzlich belasten.
  • Die physikalische Wärmeableitung, beispielswiese durch Wadenwickel wird auf der anderen Seite unterstützt. Betont wird aber, dass die Wickel körperwarm sein sollten.

6) Medikamentöse Antipyrese

Die Ausführungen zur medikamentösen Fiebersenkung sind ungleich umfangreicher als die zur nicht-medikamentösen und beinhalten wichtige Informationen für den therapeutischen Umgang mit den gängigen Antipyretika:

  • Die beiden am häufigsten angewandten Arzneien zur Fiebersenkung sind Paracetamol (PCM) und Ibuprofen. Beide wirken fiebersenkend und schmerzstillend, wobei der antientzündliche Effekt von Ibuprofen größer ist.

Ibuprofen

Der Wirkmechanismus von Ibuprofen beruht - wie der anderer Nicht-steroidaler Antirheumatika (NSAR) (z. B. Diclofenac, Acetylsalicylsäure) - auf der Hemmung der Cyclooxygenasen 1und 2, die eine zentrale Schaltstelle im Arachidonsäure-Stoffwechsel darstellen (siehe ergänzende Abbildung unten).

Der gewünschte Haupteffekt liegt in der Hemmung der Prostaglandin(PG) -synthese mit resultierender Temperatur-Downregulation im Hypothalamus und der Schmerzreduktion.

An unerwünschten Nebenwirkungen (UAW) werden durch die PG-Hemmung bei regelmäßiger Einnahme Magenulcera und Nierenschäden gefördert.

Paracetamol

Bei Paracetamol (PCM) ist im Gegensatz dazu der Wirkmechanismus weiterhin nicht gänzlich geklärt und deutlich komplexer. Aufgrund der Konjugation von PCM in der Leber ist die Konjugationskapazität der Leber entscheidend für die Toxizität. In der Übersichtsarbeit von Green et al. wird deshalb sogar diskutiert, PCM nur noch als Second-line-Arznei bei Fieber einzustufen. (Green et al., 2021)

Betont wird, dass insbesondere bei besorgten Eltern die Grenze zur Überdosierung schnell überschritten werden kann. Wichtig ist deshalb vor allem eine ausführliche Aufklärung der Eltern.

Acetylsalicylsäure (ASS)

Acetylsalicylsäure (ASS) ist für Kinder unter 12 Jahren nicht empfohlen. Die Möglichkeit eines Reye-Syndroms als schwerwiegende Nebenwirkung infolge der Gabe von ASS bei Kindern unter 12 Jahren gilt zwar nicht mehr als wissenschaftlich gesichert, kann jedoch auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. (DGKJ, 2025, S. 51)

Grafik zeigt, wie Ibuprofen als NSAR die Enzyme COX-1 und COX-2 hemmt und dadurch Schmerz, Entzündung und Fieber reduziert. Quelle: Gelbe Liste, Wirkstoffe - Ibuprofen, 2025.
Abb. 3 - Wirkmechanismus von NSAR (Gelbe Liste - Wirkstoffe - Ibuprofen, 2025)

7) Keine medikamentöse Prävention von Fieberkrämpfen

Nach wie vor ist es gängige Praxis, nach einem ersten Fieberkrampf eine medikamentöse Prophylaxe ab einer Temperatur von 38,5 °C durchzuführen. Sowohl die Untersuchung von Green et al. (2021) als auch die aktuelle S3-Leitlinie zum Fiebermanagement (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. DGKJ, 2025) weisen jedoch darauf hin, dass für die Wirksamkeit dieser Maßnahme keine Evidenz vorliegt und sie daher unterbleiben sollte. Ein Cochrane-Review (Offringa et al., 2017) konnte ebenfalls weder für Ibuprofen noch für diverse Antikonvulsiva einen präventiven Effekt auf das Auftreten von Fieberkrämpfen nachweisen.

8) Wohlbefinden des Kindes

Hauptziel aller Maßnahmen rund um das fiebernde Kind ist, das Wohlbefinden des Kindes zu steigern. Dies wird erreicht durch:

  • eine ruhige und liebevolle Umgebung mit angenehmer Temperatur,
  • bedarfsangepasste Fiebersenkung und
  • Antipyretika nicht nur zur Fiebersenkung, sondern auch zur Schmerzstillung.

9) Ausreichend lange Rekonvaleszenz

Als vorwiegend an die Eltern gerichteten Hinweis betonen die Autoren der Leitlinie, dass eine ausreichend lange Rekonvaleszenz für die Genesung des Kindes wichtig ist. Der Expertenkonsens empfiehlt, dass das Kind „mindestens einen Tag fit und fieberfrei“ sein sollte, bevor es wieder in den Kindergarten oder die Schule geht.

10) Keine Indikation für Antibiotika

Der Expertenkonsens ist in der Frage einer Antibiotika-Therapie bei Fieber sehr klar: Antibiotika sollen nur restriktiv eingesetzt werden.

Da die Mehrzahl der fieberhaften Infektionen durch Viren verursacht werden, besteht in der Regel keine Indikation für eine Antibiotika-Behandlung. Eine pragmatische Vorgehensweise (Fieber als Hauptindikation für ein Antibiotikum) wird ausdrücklich abgelehnt.

Zudem wird auf die möglichen negativen Folgen der Antibiotika, wie Einflüsse auf das Darm-Mikrobiom, allergische Reaktionen und Antibiotika-Resistenzen hingewiesen.

Quellen und Referenzen

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. DGKJ. (2025). S3-Leitlinie: Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen. 1. Auflage 2025. AWMF-Register Nr. 027- 074. https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/027-074

Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (2025, Juli 28). NEU: S3-Leitlinie „Fiebermanagement“. https://www.dgkj.de/detail/post/neu-s3-leitlinie-fiebermanagement

Dieckmann, R. A., Brownstein, D., & Gausche-Hill, M. (2010). The Pediatric Assessment Triangle: A Novel Approach for the Rapid Evaluation of Children. Pediatric Emergency Care, 26(4), 312–315. https://doi.org/10.1097/PEC.0b013e3181d6db37

Gelbe Liste—Wirkstoffe- Ibuprofen. (o. J.). Abgerufen 22. Oktober 2025, von https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Ibuprofen_289

Green, C., Krafft, H., Guyatt, G., & Martin, D. (2021). Symptomatic fever management in children: A systematic review of national and international guidelines. PLOS ONE, 16(6), e0245815. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0245815

Horeczko, T., Enriquez, B., McGrath, N. E., Gausche-Hill, M., & Lewis, R. J. (2013). The Pediatric Assessment Triangle: Accuracy of Its Application by Nurses in the Triage of Children. Journal of Emergency Nursing, 39(2), 182–189. https://doi.org/10.1016/j.jen.2011.12.020

Michelson, K. A., Neuman, M. I., Pruitt, C. M., Desai, S., Wang, M. E., DePorre, A. G., Leazer, R. C., Sartori, L. F., Marble, R. D., Rooholamini, S. N., Woll, C., Balamuth, F., & Aronson, P. L. (2021). Height of fever and invasive bacterial infection. Archives of Disease in Childhood, 106(6), 594–596. https://doi.org/10.1136/archdischild-2019-318548

Offringa, M., Newton, R., Cozijnsen, M. A., & Nevitt, S. J. (2017). Prophylactic drug management for febrile seizures in children. Cochrane Database of Systematic Reviews. https://doi.org/10.1002/14651858.CD003031.pub3

Pecoraro, V., Petri, D., Costantino, G., Squizzato, A., Moja, L., Virgili, G., & Lucenteforte, E. (2021). The diagnostic accuracy of digital, infrared and mercury-in-glass thermometers in measuring body temperature: A systematic review and network meta-analysis. Internal and Emergency Medicine, 16(4), 1071–1083. https://doi.org/10.1007/s11739-020-02556-0

Rosenfeld-Yehoshua, N., Barkan, S., Abu-Kishk, I., Booch, M., Suhami, R., & Kozer, E. (2018). Hyperpyrexia and high fever as a predictor for serious bacterial infection (SBI) in children—A systematic review. European Journal of Pediatrics, 177(3), 337–344. https://doi.org/10.1007/s00431-018-3098-x

Verf.: gbh | Rev.: glt | Lekt.: pz | zuletzt geändert am 6.11.2025