Dosologie in der Homöopathie

Die homöopathische Dosierungslehre ist außerordentlich komplex und folgt ebenfalls dem Prinzip der Individualisierung. Vereinfacht ist die verabreichte Dosis ebenso auf den Einzelfall abgepasst wie die ausgewählte Arznei.

Adäquate Dosis

Der Stimulationsreiz durch die homöopathisch wirkende Arznei ist stets minimalinvasiv. Die Arznei Dosierung folgt dem Leitsatz: „Weniger ist mehr“. Hahnemann hinterlässt sehr eindeutige Anwendungsregeln (Hahnemann, 2017).

Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Organon Paragraphen:

Arzneireaktionen (§§ 63-69)

Die Arzneireaktion auf eine minimale Gabe in geringen Mengen und kontrollierter Dosis (gemeint ist die Einzeldosis mit Beobachtungszeitraum unter Testbedingungen) reicht aus, um eindeutig beobachtbare Reaktionen hervorzurufen, was zur Beurteilung des Therapieverlaufes notwendig ist. (§ 68)

Applikationsregeln (§§ 272-285)

  • Die einmalige, trockene Gabe ist die kleinste applizierbare Menge. In gelöster fraktionierter Applikation summiert und verstärkt sich der Reiz. (§ 272)
  • Er werden nur Einzelmittel gegeben. (§ 273)
  • Je homöopathisch passender und je höher die Potenzierung, umso mehr schadet sie in großen Mengen und zu häufiger Wiederholung. (§ 275- § 276)
  • Bei homöopathischer Arzneiwahl eines hoch potenzierten Arzneimittels ist eine minimale Dosis der passenden Arznei in der Lage, eine deutliche erkennbare kurative (oder palliative) Reaktion hervorzurufen. (§ 279)
  • Passende Arzneien werden solange gegeben, bis an der Reaktion erkennbar wird, dass die Störung überwunden wurde. (§ 280)
  • Sind häufige Arzneiwiederholungen nötig, wird die nachfolgende Dosis durch Aufschütteln modifiziert, um eine Überreizung zu verringern. (§ 282)
  • Bei fehlerhafter Arzneiwahl haben geringe Gaben den Vorteil geringer Nebenwirkungen. (§ 283)

Applikation in der Praxis

Diese allgemein gefassten Applikationsregeln zeigen auf, dass eine adäquate Dosierung nicht standardisiert, sondern am tatsächlichen Bedarf ausgerichtet wird, der sich in der Praxis in mehreren aufeinanderfolgenden Schritten ergibt und durch das Verlaufsmonitoring des Falles begründet wird.

Step 1 – Testphase mit Testdosis mit Überprüfen der Arzneireaktion durch Arzneimittel – Differentialdiagnose (DD).

Step 2 – Therapeutische Phase mit modulierter Arzneigabe nach den Erfordernissen des Falles.

Step 3 – Erhaltungsdosis, abhängig von der Art der Störung oder Krankheit.

Auch wenn dies auf den ersten Blick simpel erscheint, stellen sich in der Re-Analyse mehrere Fragen, die am Einzelfall geklärt werden müssen und stets ein Gemisch aus klinischen Fallverständnis und auswertbarer Arzneireaktion darstellen:

  1. Wie exakt kann die Arzneiwahl im Fallverlauf verifiziert werden?
  2. Werden die auftretenden Reaktionen korrekt analysiert?
  3. Stimmt die Arbeitshypothese des Fallverständnisses?
  4. Ist die Dosis adäquat, mit anderen Worten spezifisch genug? (Potenz zu hoch oder zu niedrig)
  5. Wurde korrekt dosiert (zu häufig oder zu seltene Gaben)?
  6. Treten Hinweise zur Differentialdiagnose auf?
  7. Ist die Wirkung palliativ oder kurativ?

Schon diese ersten sieben Leitfragen illustrieren, dass der Dosologie homöopathischer Einzelmittel ein äußert komplexer Analyse- und Falsifikationsprozess zugrunde liegt.

Im Gegensatz zur konventionellen Arzneitherapie werden nicht einfach nur statistisch gesicherte Wirkspiegel anhand von Surrogat-Parametern nachverfolgt und von Nebenwirkungen oder unerwünschten Arzneireaktionen separiert, sondern die gesamte Reaktion wird komplex ausgewertet.

Tatsächlich gehört dies zu einem der Anspruch vollsten Anforderungen der gesamten Therapiemethodik. Hierfür werden weitere eingehende Ausarbeitungen in loser Folge vorgestellt.


Quellen und Referenzen


Verf.: glt | Rev.: TBD | Lekt.: pz | zuletzt geändert 18.05.2025