Wie sich aus den bisherigen Ausführungen erahnen lässt, wächst die private Bibliothek für die professionelle Arbeit schnell auf mehrere Hundert Exemplare an, wobei aufgrund des spezifischen Marktes mit eher geringen Absatzzahlen nicht zu jedem Zeitpunkt alle Werke jederzeit erhältlich sind.
Seit Mitte der 1990er-Jahre sind entsprechend digitale Programme mit vorwiegend Stichwortsuch-funktionen geschaffen worden, die sukzessive-wachsende Datenbanken gerade auch von Zeitschriftenpublikationen aus verschiedenen Epochen anbieten. Ziel war es, dieses Manko der Literaturverfügbarkeit zum Teil ausgleichen.
Zudem existieren einige frei zugängliche online Datenbanken.
Dazu gesellt sich eine unüberschaubare Anzahl historischer und moderner Laienliteratur sowie Publikationen fachlicher Grenzgebiete, welche den Terminus Homöopathie zwar begrifflich verwenden, beim näheren Hinsehen jedoch wenig bis gar nichts mit den homöopathischen Prämissen oder fundierten Arzneiverzeichnissen zu tun haben.
Um die Spreu vom Weizen zu trennen, bedarf es seitens des homöopathischen Praktikers eines mindestens 10-jährigen Fleißes neben praktischer Tätigkeit eben auch eine große Belesenheit, die es gilt, kontinuierlich auszubauen. Ohne einen solchen Aufwand wird man kaum zu einem tiefergehenden Verständnis der homöopathischen Methodik gelangen.
Dafür ist es auch notwendig, sich medizinhistorisch zu bilden. Die Zuordnungen und Gliederungen klinischer Symptomatologie und ihr Verständnishorizont müssen auf dem Hintergrund der jeweiligen Epochen und ihrer Denkstile richtig analysiert und eingeordnet werden, um die homöopathische Materia Medica in ihrem Sinngehalt korrekt zu verstehen und anzuwenden.
Ein derartig intensives, im Grunde zeitlebens bestehendes Literaturstudium begleitet die Praxiserfahrung und ist am ehesten mit der Entwicklung einer juristischen, soziologischen oder philosophischen Expertise zu vergleichen, die sich hier zum Medizinwissen und einer ausgedehnten praktischen Expertise hinzuaddiert.
Hierin liegt erfahrungsgemäß eines der Haupthindernisse in der Entwicklung einer fundierten homöopathisch-klinischen Kennerschaft.
Es überrascht wenig, dass bei einem solchen, schnell zu erahnenden Aufwand und dem nicht geschützten Begriff Homöopathie auch die Bandbreite selbst ernannter Experten groß ist, die nach 2-3 Jahren Beschäftigung mit der Materie bereits mit Publikationen und Seminarveranstaltungen auf den Markt drängen, ganz unabhängig davon, ob sie Pro- oder Kontra-Argumente zur Homöopathie vortragen.