Versorgungsforschung zur Homöopathie

Übersicht zur Versorgungsforschung

„Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten unter Alltagsbedingungen und mit Alltagspatienten untersuchen, sind wichtig für die Homöopathie-Forschung.

Denn obwohl randomisiert kontrolliere Studien (RCT) als der “Goldstandard” in der klinischen Forschung gelten, haben sie Nachteile: Sie werden in der Regel an ausgewählten Forschungszentren, durch ausgewählte Ärzte und mit ausgewählten, meist angeworbenen Patienten durchgeführt.

In vielen Fällen stellt sich Jahre später unter Alltagsbedingungen heraus, dass die Medikamente anderen Patienten in anderem Kontext und mit anderen Begleiterkrankungen und -medikamenten verabreicht werden, als dies in den Zulassungsstudien erfolgte, mit anderen Outcomes und manchmal auch unerwünschten Wirkungen. Forschungsergebnisse aus RCTs sind deswegen nur eingeschränkt auf den klinischen Alltag übertragbar.

Aus diesem Grund sind ergänzende Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten unter Alltagsbedingungen und mit Alltagspatienten untersuchen, wichtig und werden zunehmend eingefordert. Bei diesen klinischen Studien, die unter Alltagsbedingungen stattfinden, spricht man von “Versorgungsforschung”. (Teut, 2016)

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Internationale Studien zur Versorgungsforschung (HRI)

Folgende Zusammenstellung basiert auf der Publikation des Homeopathic Research Institut (HRI) (Observational Studies on Homeopathy, 2018). Alle Links zu den relevanten Arbeiten sind auch über unser Archiv abrufbar. Weitere Informationen zur Versorgungsforschung finden Sie auch direkt auf der Website des HRI: https://www.hri-research.org/de/informationsquellen/wichtiges-forschungsmaterial/beobachtungsstudien/.

Großbritannien

Fünf veröffentlichte Studien, die seit 1999 bis heute durchgeführt wurden, haben die Behandlungsergebnisse von Patienten beurteilt, die in homöopathisch ausgerichteten Krankenhäusern des National Health Service behandelt wurden:

Liverpool Department of Homeopathic Medicine (2001)

Im Liverpool Department of Homeopathic Medicine (LDHM) wurde in den Jahren 1999–2000 unter 1.100 Patienten über zwölf Monate eine Befragung zu den Behandlungsergebnissen durchgeführt (Richardson, 2001).

76,6 % berichteten, ihr Gesundheitszustand habe sich seit Beginn der homöopathischen Behandlung verbessert. 60,3 % fanden sogar, dass er sich wesentlich verbessert habe. 814 Patienten wurden gleichzeitig konventionell medizinisch behandelt; von diesen Patienten konnten 424 (52 %) die konventionelle Medikation reduzieren oder ganz absetzen.

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Royal London Homeopathic Hospital (2003)

Eine Erhebung unter 500 Patienten am Royal London Homeopathic Hospital (RLHH) zeigte, dass viele Patienten die Einnahme konventioneller Medikamente nach einer homöopathischen Behandlung verringern oder diese sogar absetzen konnten. (Sharples et al., 2003)

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Bristol Homeopathic Hospital (2005)

Eine Beobachtungsstudie am Bristol Homeopathic Hospital umfasste mehr als 6.500 konsekutive Patienten mit über 23.000 Patientenbesuchen in einem Zeitraum von sechs Jahren (Spence et al., 2005).

70 % der nachuntersuchten Patienten berichteten, dass sich ihr Gesundheitszustand gebessert hätte; 50 % stuften die Besserung sogar als deutlich ein. Am ausgeprägtesten war dies bei kindlichem Ekzem oder Asthma sowie bei entzündlichen Darmerkrankungen, Reizdarm, Wechseljahrbeschwerden und Migräne.

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Bristol, Glasgow, Liverpool, London und Tunbridge Wells (2008)

In dieser Pilotstudie wurden an allen fünf homöopathisch ausgerichteten Krankenhäusern des National Health Service einen Monat lang Daten von 1.602 Patienten-Nachuntersuchungsterminen erhoben und zusammengefasst (Thompson et al., 2008).

Bei ihrem zweiten Homöopathie-Termin berichteten 34 % der nachuntersuchten Patienten von einer Besserung, die sich positiv auf ihr tägliches Leben auswirkte. Beim sechsten Termin betrug die entsprechende Besserungsrate 59 %. Zu den fünf meistgenannten Erkrankungen gehörten Ekzem, chronisches Erschöpfungssyndrom, klimakterische Beschwerden, Arthrose und Depressionen.

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Bristol Homeopathic Hospital (2016)

Diese 2016 am Bristol Homeopathic Hospital im Rahmen eines Audits an knapp 200 Patienten durchgeführte Untersuchung bestätigte die Ergebnisse der Studie aus dem Jahr 2005 (s.o.). Sie belegte, dass sich der Gesundheitszustand chronisch kranker Patienten, die homöopathisch behandelt werden, statistisch signifikant verbessert. E. Thompson et al., 2016)

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Ökonomische Evaluationen der Homöopathie: Review (2014)

Im Jahr 2014 wurde in einer systematischen Übersichtsarbeit die Kosteneffizienz der Homöopathie untersucht (Viksveen et al., 2014).

In 8 von 14 identifizierten Studien wurde eine Verbesserung der Beschwerden und/oder des Gesundheitszustands der Patienten in Verbindung mit Kosteneinsparung festgestellt. In vier Studien waren die klinischen Ergebnisse durch die homöopathische Behandlung entweder besser oder genauso gut im Vergleich zu einer konventionell behandelten Kontrollgruppe bei ähnlichen Kosten.

Trotz vielversprechender Hinweise auf den potenziellen Nutzen der Homöopathie bei geringeren Kosten waren die Studien sehr heterogen und wiesen vielfach methodische Mängel auf. Empfehlungen für zukünftige Forschung werden gegeben.

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Frankreich

Das Projekt EPI3 (2008-2012)

Homöopathie als Behandlungsmethode ist in Frankreich weitverbreitet. In einer groß angelegten Studie mit 8.559 Patienten von Hausarztpraxen wurde die Wirksamkeit von homöopathischen Behandlungen beurteilt. Die „EPI3-Studie“ (Grimaldi-Bensouda et al., 2011) wird von LA-SER geleitet, einem in Großbritannien ansässigen Unternehmen, das auf wissenschaftliche Nachweise für Medizin- und Gesundheitstechnologien spezialisiert ist (http://www.la-ser.com/). Zum Projektteam gehören Personen aus hochkarätigen Einrichtungen wie das Institut Pasteur in Paris, die Universität von Bordeaux und die McGill-Universität in Montreal; Lucien Abenhaim ist der französische Generaldirektor für Gesundheit. Die wichtigsten Ergebnisse des Projekts EPI3 im Überblick:

Infektionen der oberen Atemwege (URTI)

Patienten, die von homöopathisch geschulten Hausärzten behandelt wurden, schnitten klinisch betrachtet ebenso gut ab wie diejenigen, die rein konventionell medizinisch behandelt wurden. Sie kamen jedoch mit weniger konventionellen Medikamenten aus (Grimaldi-Bensouda et al., 2014).

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Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats

Homöopathisch behandelte Patienten schnitten klinisch ebenso gut ab wie konventionell-medizinisch behandelte, nahmen jedoch nur halb so viele nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) ein und litten seltener an NSAR-bedingten Nebenwirkungen (Rossignol et al., 2012).

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Schlaf-, Angst- und depressive Störungen

Patienten, die von homöopathischen Ärzten behandelt wurden, bekamen seltener Psychopharmaka verschrieben (Grimaldi-Bensouda et al., 2012).

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Economic impact of homeopathic practice in general medicine in France (2015)

Es wurden Daten aus der Querschnittsstudie EPI3 La-Ser verwendet, um Konsultations-, Verordnung- und Gesamtkosten (Konsultation + Verschreibung) einer homöopathischen Behandlung zu analysieren (Colas et al., 2015).

Für jede Kostenart wurden die Kosten für Krankenversicherung/Sozialversicherung, für den Patienten bzw. die Zusatzversicherung und der gesamten Gesundheitsausgaben (Summe beider Ausgaben).

Es zeigt sich in der Zusammenschau, dass die Behandlung durch homöopathische Allgemeinmediziner möglicherweise weniger kostenintensiv ist und damit von Interesse für das öffentliche Gesundheitswesen könnte.

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Deutschland

Vergleich von homöopathischer und konventionell-medizinischer Versorgung (2005)

Eine von einer deutschen Krankenversicherung in Auftrag gegebene Studie, anhand derer über eine weitere Erstattung von homöopathischen Behandlungen entschieden werden sollte, prüfte den Nutzen der Homöopathie für die Behandlung von chronischen Erkrankungen, die in Hausarztpraxen häufig auftreten. 9 493 Patienten (315 Erwachsene, 178 Kinder) wurden von Allgemeinmedizinern entweder konventionell-medizinisch oder homöopathisch behandelt. Der Studie zufolge besserte sich der Gesundheitszustand der Patienten aus der Homöopathie-Gruppe deutlicher als derjenige der konventionell-medizinischen Gruppe (p = 0,002); hinsichtlich der Kosten bestanden keine signifikanten Unterschiede. (C. Witt et al., 2005)

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8-jährige Nachbeobachtung chronisch kranker Patienten in homöopathischer Behandlung (2008)

In dieser Studie wurden mehr als 3.500 Erwachsene und Kinder nachbeobachtet, die von Allgemeinmedizinern eine homöopathische Routineversorgung erhielten (C. M. Witt et al., 2008).

Sie zeigte, dass Patienten, die sich in homöopathische Behandlung begeben, häufig eine erhebliche Besserung erleben.

Zu Studienbeginn wurde bei 97 % der Teilnehmer eine chronische Erkrankung diagnostiziert; 95 % erklärten, wegen ihrer Erkrankung zuvor schulmedizinisch behandelt worden zu sein. Die Schwere der Erkrankung hatte sich nach zwei bzw. acht Jahren homöopathischer Behandlung signifikant (p < 0,001) verringert. Bemerkenswerterweise waren die Zahlen nach acht Jahren nahezu identisch mit den Zahlen nach zweijähriger Nachbeobachtung, was auf einen stetigen, langfristigen Nutzen für die Gesundheit hindeutet.“ (Observational Studies on Homeopathy, 2018; Übers. d. Verf.)

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Homöopathische Medizinische Praxis: Langzeitergebnisse einer Kohortenstudie mit 3981 Patienten (2005)

Die Schwere der Erkrankungen und das Maß der Lebensqualität zeigten nach der homöopathischen Behandlungsphase deutliche und nachhaltige Verbesserungen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die homöopathische medizinische Therapie eine positive Rolle bei der Langzeitversorgung von Patienten mit chronischen Erkrankungen spielen kann. (C. Witt et al., 2005)

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Politische Dimensionen: Kosten-Nutzenanalyse von Homöopathika

„Kritiker der Homöopathie behaupten, die Erstattung des Verfahrens durch die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) stelle eine ernstzunehmende und ungerechtfertigte Belastung unseres Gesundheitssystems dar. Daher müsse sie eingestellt werden: Homöopathie sei nachgewiesenermaßen unwirksam, und das eingesparte Geld könne besser für andere, mutmaßlich wirksame Leistungen verwendet werden. Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Untersuchungen zu diesem Thema stellt aber fest, dass Homöopathie bei weniger Nebenwirkungen mindestens vergleichbar gute Therapieerfolge wie die konventionelle Medizin zeigt und zugleich Kosten spart.“ (Behnke, Carstens Stiftung / Natur und Medizin e.V., 2019;

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Quellen und Referenzen

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  • Grimaldi-Bensouda, L., Bégaud, B., Rossignol, M., Avouac, B., Lert, F., Rouillon, F., Bénichou, J., Massol, J., Duru, G., Magnier, A.-M., Abenhaim, L., & Guillemot, D. (2014). Management of Upper Respiratory Tract Infections by Different Medical Practices, Including Homeopathy, and Consumption of Antibiotics in Primary Care: The EPI3 Cohort Study in France 2007–2008. PLoS ONE, 9(3), e89990. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0089990
  • Grimaldi-Bensouda, L., Engel, P., Massol, J., Guillemot, D., Avouac, B., Duru, G., Lert, F., Magnier, A.-M., Rossignol, M., Rouillon, F., Abenhaim, L., Begaud, B., & for the EPI3-LA-SER group. (2012). Who seeks primary care for sleep, anxiety and depressive disorders from physicians prescribing homeopathic and other complementary medicine? Results from the EPI3 population survey. BMJ Open, 2(6), e001498. https://doi.org/10.1136/bmjopen-2012-001498
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  • Witt, C., Keil, T., Selim, D., Roll, S., Vance, W., Wegscheider, K., & Willich, S. N. (2005). Outcome and costs of homoeopathic and conventional treatment strategies: A comparative cohort study in patients with chronic disorders. Complementary Therapies in Medicine, 13(2), 79–86. https://doi.org/10.1016/j.ctim.2005.03.005
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Verf.: glt | Rev.:  TBD | Lekt.: pz | zuletzt geändert 6.09.2022