Verschiedene Produkte Homöopathieverwandter Verfahen auf einem Tisch
Verschiedene Produkte Homöopathieverwandter Verfahen auf einem Tisch

Homöopathieverwandte Verfahren

Hierzu gehören Arzneimittel, deren Herstellungsvorschriften im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) reguliert sind, die jedoch nicht nach dem homöopathischen Prinzip der individualisierten Einzelmittelverordnung (siehe Konzept der Individualisierung) diagnostiziert und angewendet werden.

Die zur Darstellung kommenden Arzneimittel dienen der exemplarischen Veranschaulichung ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Sie sind nicht zu Werbezwecken oder als Heilmittelempfehlung aufgeführt. Im Krankheitsfall soll die jeweils erforderliche Fachexpertise zurate gezogen werden.

Homöopathische Komplexmittel

Homöopathische Komplexmittel wurden aus dem Wunsch heraus entwickelt, für die Homöopathie auch indikationsbezogene Verschreibungen zu ermöglichen. Komplexmittel sind Mischungen aus mindestens zwei, meist mehreren Einzelmitteln in gleichen oder unterschiedlichen, in der Regel jedoch niedrigen Potenzen bis D12. Teilweise werden die Einzelmittel auch gemeinsam potenziert.

Die Anwendung erfolgt nach klinischen Indikationen und nicht nach dem Ähnlichkeitsprinzip der individuellen Fallanalyse. Vielmehr sollen die Inhaltsstoffe eine Breitenwirkung an verschiedenen Angriffspunkten der lokalen Beschwerden entfalten. Häufig basieren die Mischungen auch auf Erfahrungswerten, den sogenannten bewährten Indikationen.

Firmen: Madaus, Hevert, Biologische Heilmittel Heel, Meta-Fackler, Pascoe, DHU, Pflüger, Regenaplex, Weber & Weber, u. a.

Typische Präparate und Präparatgruppen: Oligoplexe, Sinusitis Hevert, Calmvalera, Traumeel, Neurexan, Metavirulent, Lymphdiaral, Klimaktoplant, Pflügerplexe, Sinuvowen, Otovowen, Regenaplexe

Die Herstellung ist im HAB geregelt. Aus rechtlicher Sicht handelt es sich daher um homöopathische Arzneimittel mit Apothekenpflicht.

Homöopathische Einzelmittel mit Zulassung

Es existieren auch Zulassungen für homöopathische Einzelmittel mit definierten Indikationen.

Beispiele:

Nux vomica D6 DHU – bei Erkrankungen der Verdauungsorgane

Rhus toxicodendron D6 DHU – bei Erkrankungen des Bewegungsapparates

Biochemie nach Dr. Schüßler

Begründet durch den homöopathischen Arzt Dr. Wilhelm Schüßler (1821-1898). Gesundheitliche Beschwerden sollen lt. Schüßler durch eine Dysbalance im Mineralstoffhaushalt entstehen. Die insgesamt 12 biochemischen Funktionsmittel und ihre 12 Ergänzungssalze sollen die Resorption und Distribution der benötigten Mineralien im Organismus verbessern und auf diese Weise Impulse zur Selbstregulation geben.

Verordnet werden Schüßler Salze nach Pathophysiognomik (Antlitzdiagnose) und allgemein indikationsbezogen basierend auf den physiologischen Funktionsvorstellungen der Salze. Verwendet werden die Potenzen D6 und D12 sowohl einzeln oder als Komplexmittel (z.b. „Magnesium phos. Pentarkan DHU“). Salben auch in der Potenz D4.

Firmen: DHU, Pflüger, Orthim, Bombastus, Adler (Österreich), JSO u. a.

Präparate: Biochemie Pflüger® Nr. 3 Ferrum phosphoricum, Magnesium phos. Pentarkan DHU

Die Herstellung ist im HAB geregelt, weshalb es sich formal um homöopathische Arzneimittel handelt.

Spagyrik

Spagyrische Arzneimittel unterscheiden sich von Homöopathika bereits durch die Art der Herstellung. In einem definierten Prozess von Trennung und erneutem Zusammenführen der verschiedenen Ausgangssubstanzen soll die Wirkung der entstehenden Arznei aufgeschlüsselt und gesteigert werden.

Pflanzliche, mineralische und tierische Substanzen werden als Ausgangsbasis genutzt, nach strengen Regeln aufbereitet und gemischt, unabhängig ob sie indikationsbezogen oder nach individuellen Gesichtspunkten ausgesucht werden. Die Wirkhypothese geht in Teilaspekten zurück auf:

  • die Alchemie des Paracelsus,
  • basierend auf der Elementen-Lehre,
  • der Signaturlehre und
  • Anschauungen der Humoralpathologie .

Die Arznei soll die Vitalität anregen und eine Aktivierung der Selbstheilungskräfte auslösen.

Firmen: Soluna, Phylak Sachsen, Heidack (Schweiz), Spagyros (Schweiz), Phoenix, Pekana

Typische Präparate: Solunate, Phönogripp, Phönoven, Opsonat

Die Herstellung ist im HAB (Herstellungsvorschriften 25, 26, 54a, 54b, 54c) geregelt, weshalb es sich formal um homöopathische Arzneimittel handelt.

Anthroposophische Arzneimittel

Die Entwicklung anthroposophischer Arzneimittel geht auf die geisteswissenschaftlichen Erkenntnisse Rudolf Steiners (1861-1925) bei der Entwicklung der Anthroposophie ab 1901 zurück.

Die Anthroposophie erklärt ihr Konzept als Erweiterung der auf naturwissenschaftlichen Methoden basierenden konventionellen Methodenlehre in der Medizin.

Der geisteswissenschaftlich philosophische Ansatz der Anthroposophie verfolgt dabei das Konzept existierender gestalt- und konstitutionsbildender Kräfte in Raum, Zeit, Innen -und Außenweltbeziehung sowie der Kognition als Basis der Sinnhaftigkeit des Seins an sich.

Erweiterter Substanzbegriff in der Anthroposophie

Die chemische Struktur eines Arzneimittels stellt nur eine Ebene dar. Die Aufnahme des Arzneimittels in den Organismus besitzt nach anthroposophischer Vorstellung weitere Dimensionen der Verarbeitung, welche die Substanz gestaltbildend lebendig machen.

Aufbauend auf dem Modell der gestaltbildenden Kräfte existieren diese auch im Mineral- Tier- und Pflanzenreich und können in einer konkreten gestaltbildenden Beziehung zur menschlichen Organisation wirken.

Auf dieser dialogischen Beziehung beruht die Tatsache, dass es natürliche Arzneimittel gibt, die nach dem Schlüssel-Schloss Prinzip in die natürlichen Vorgänge der menschlichen Entwicklung und ihrer Steuerung- und Organisation eingreifen und diese zur Selbstorganisation anregen.

Firmen: Wala, Weleda

Typische Präparate: Aconitum Schmerzöl, Euphrasia Augentropfen, Cantharis Blasenglobuli velati, Agropyron Globuli velati; Infludoron, Cardiodoron (verschreibungspflichtig)

Bsp. Neurodoron - Anwendungsgebiete laut Hersteller:

„Gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis. Dazu gehören: Harmonisierung und Stabilisierung des Wesensgliedergefüges bei nervöser Erschöpfung und Stoffwechselschwäche, z.B. Nervosität, Angst- und Unruhezustände, depressive Verstimmung, Rekonvaleszenz, Kopfschmerzen.“

(Quelle: https://www.weleda.de/produkt/neurodoron-tabletten-gx0020 Datum: 12.6.2025)

Die Herstellung ist im HAB geregelt, weshalb es sich formal um homöopathische Arzneimittel handelt.


Quellen und Referenzen

Die hier angegebenen Grundlagen Quellen geben als weiterführende Grundlagenliteratur den aktuellen Stand der einzelnen Themenbereiche wieder. Zusätzlich existieren viele weitere von Herstellern herausgegeben Kompendien und Laienliteratur.

  • Casagrande, C. (2019). Spagyrik: Nach Alexander von Bernus (4. überarbeitete und erweiterte Auflage). Haug Fachbuch.
  • Feichtinger, T., Mandl, E., & Niedan-Feichtinger, S. (2017). Handbuch der Biochemie nach Dr. Schüßler: Grundlagen, Materia medica, Repertorium (6. überarbeitete und erweiterte Auflage). Haug Fachbuch.
  • Kienle, G. S., Kiene, H., & Albonico, H. U. (2006). Anthroposophische Medizin in der klinischen Forschung: Wirksamkeit, Nutzen, Wirtschaftlichkeit, Sicherheit ; mit 82 Tabellen. Schattauer.
  • Roemer, F. (2018). Therapiekonzepte der Anthroposophischen Medizin: Stufenpläne mit Differenzialdiagnostik (2. aktualisierte und erweiterte Auflage). Thieme.
  • Sahler, A. M. (2003). Homöopathische Komplexmittel: Ihre historische Entwicklung, ihre Begründer und ihre gegenwärtige Bedeutung. Pflaum.
  • Soldner, G., & Stellmann, H. M. (with Bartram, U., Huber, B., & Madeleyn, R.). (2018). Individuelle Pädiatrie: Leibliche, seelische und geistige Aspekte in Diagnostik und Beratung: anthroposophisch-homöopathische Therapie (5., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft.

Verf.: sfm, glt | Rev.:  glt, sfm | Lekt.: pz | zuletzt geändert 12.06.2025